Piemont

Turin & die Weinregion rund um Barolo

Piemont - Weinregion

Montag, 05.10.2020 Turin

Anfang Oktober möchten wir noch ein paar wärmere Tage im Piemont verbringen. In Corona Zeiten fahren wir lieber mit dem Auto. Nachdem wir in Singen noch einmal getankt haben und eine Vignette für die Schweiz erstanden haben, geht es weiter Richtung Zürich. 

Schon bald taucht hinter der hügeligen, grünen Voralplandschaft die ersten schroffen Zacken der Alpen auf. Sehr schön ist die Fahrt entlang des Zuger und des Vierwaldstädter Sees. So genießen wir das spektakuläre Alpenpanorama, dass uns wieder einmal schwärmen lässt. Es hat bereits geschneit und der Schnee überzieht die Bergspitzen. Tosend stürzen zahlreiche Wasserfälle die glatten Felswände hinab. Einige Pässe sind bereits gesperrt so auch der Gotthardpass. Durch die ampelgesteuerte Verkehrsregulierung müssen wir vor der Gotthard Tunneleinfahrt einen 20-minütigen Stau in Kauf nehmen. Nach dem 18 km langen Tunnel können wir wieder das schöne Alpenpanorama genießen.

Langsam wird die Landschaft flacher und wir nähern uns der piemontesischen Hauptstadt Turin. Die viertgrößte Stadt Italiens (knapp 900.000 Einwohner) ist insbesondere durch den Automobilkonzern Fiat und den Fußballverein Juventus bekannt.

In Turin haben wir uns für drei Nächte in einem zentral gelegenen Apartmenthaus in der Nähe des Hauptbahnhofs eingemietet. Einen Parkplatz gibt es im Innenhof. Mit unserer Wahl sind wir sehr zufrieden und beginnen gut gelaunt unseren ersten Stadtrundgang. Die Orientierung ist recht einfach, da die Stadt in einer Schleife des Flusses Po im Schachbrettmuster angelegt wurde.

Turin Kollonaden

Restaurierte Patrizierhäuser, elegante Plätze, breite Flaniermeilen mit kilometerlangen Arkadengängen und zahlreiche Kirchen prägen das Stadtzentrum. In den quirligen Altstadtviertel mit vielen kleinen Geschäften, Cafés und gemütlichen Kneipen genießen wir italienisches Flair.

Über die Via Roma gelangen wir schon bald zu den beiden barocken Zwillingskirchen San Carlo und Santa Cristina und stehen auf der Piazza San Carlo. Schöne Barockpaläste mit offenen Kolonnaden rahmen den elegant wirkenden Platz ein.

Ein Blick in die Kirche San Carlo ist durchaus lohnenswert. Sehr gut gefällt uns die Galleria San Federico die wir kurz darauf erreichen, sie gilt als eine der schönsten Einkaufspassagen der Stadt. Nun ist es nicht mehr weit bis zur Piazza Castello dem „Herzen“ Turins. Der großzügig gestaltete Platz wird von schönen Palästen eingerahmt. Besonders gut gefällt uns die reich verzierte Fassade des Palazzo Madama.

Palazzo MadamaPalazzo Madama

Dahinter ragen die Türme der Backsteinburg hervor. Ein Hingucker ist der Palazzo Reale. Von der schlichten Fassade der Kirche San Lorenzo sollte man sich nicht täuschen lassen. Der quadratische Innenraum ist ein Juwel der Barockarchitektur und begeistert uns sehr. 

Kathedrale di Giovanni Battista
Kathedrale di Giovanni Battista

Dagegen wirkt die Kathedrale di Giovanni Battista eher schlicht. Diese ist verbunden mit der Capella della Sacra Sindone, in der das legendäre Turiner Leichentuch Christie aufbewahrt wird. Zugänglich ist diese allerdings nur bei einer Besichtigung des Palazzo Reale. Was man von der Echtheit dieses Leichentuches hält, von dem wir nur eine Kopie sehen können, das darf jeder für sich entscheiden.

Porta PalatinaPorta Palatina

Ganz in der Nähe erreicht man das einzige erhaltene römische Stadttor, die Porta Palatina

Mercato di Porta Palazzo Mercato di Porta Palazzo

Am späten Nachmittag ist auf dem nahe gelegenen Mercato di Porta Palazzo nicht mehr viel los. So können wir die alten Markthallen lediglich von außen bewundern. Sehr gut gefällt uns der gegenüberliegende neue Mercato Centrale. Hier wird ein gastronomisches Angebot auf Feinkostniveau angeboten. Im Untergeschoss sollte man nicht versäumen, sich die alten Eiskeller anzusehen.

Besonders lebhaft ist das Stadtviertel Quadrilatero Romano. Angeblich wurde in Turin der Aperitif erfunden, zumindest hat er sich hier kultiviert. Dem schließen wir uns gerne an und trinken ein Glas Wein zu dem Fingerfood gereicht wird, leider in diesem Fall von äußerst bescheidener Qualität.

Abends speisen wir dagegen vorzüglich in der direkt neben der Kirche San Domenico gelegenen Osteria L'Acino im Viertel Quadrilatero Romano. Zu erstaunlich günstigen Preisen wird typische italienische Küche auf hohem Niveau angeboten. Dazu gibt es eine große Auswahl piemontesischer Weine, wir entscheiden uns für einen Barolo von Rizzi.


Dienstag , 6.10.2020 Turin

Auf unserem Weg zum Po laufen wir erneut durch schöne Altstadt-Gassen. Leider verspricht der bewölkte Himmel heute keine besonders gute Sicht. So nehmen wir von der Besteigung des Monte dei Cappuccini Abstand. Den versprochenen tollen Ausblick auf die Stadt und bis zu den Alpen werden wir wohl nicht genießen können.

Turin - Po

Über die Ponte Vittorio gehen wir zur monumental wirkenden Chiesa della Gran Madre di Dio. Im Innern lässt sich unschwer erkennen, dass das Pantheon in Rom hierfür Pate stand.

Lange Kolonnaden rahmen die Via Po ein. Es macht Spaß hier zu flanieren. Ein Abstecher gilt dem extravaganten Bau des Mole Antonelliana. Wie eine Nadel überragt der 1863 als Synagoge begonnene Turm die Altstadt.

Mole Antonelliana
Mole Antonelliana

In dem Gebäude ist heute das Museo Nazionale del Cinema untergebracht. Leider ist es aktuell nicht möglich (Corona) mit dem gläsernen Aufzug zur Panoramaplattform oberhalb der Kuppel zu gelangen.

Anschließend schlendern wir erneut zu den alten schmiedeeisernen Markthallen. Die Piazza della Repubblica ist morgens von Marktständen überzogen. Er gilt als einer der größten Märkte in Europa. Neben Obst und Gemüse wird ebenfalls Kleidung und Haushaltsartikel und vieles mehr feilgeboten. Auch die alte Markthalle ist geöffnet, hat aber architektonisch im Inneren nichts Besonderes zu bieten.

In der neuen Markthalle genießen wir ein Trüffelrisotto um anschließend gestärkt den Königspalast zu besichtigen. Der Außen eher schlicht wirkende Renaissancepalast ist mit prunkvoll im Stil des Barock und Rokoko ausgestatteten Innenräumen geschmückt.

Palazzo RealePalazzo Reale

UNESCO WelterbeUnter der Bezeichnung Residenzen des Königshauses Savoyen wurden 1997 Schlösser und weitere Repräsentationsbauwerke des Hauses Savoyen - so auch der Palazzo Reale als ehemalige Residenz des Hauses Savoyen - in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Alle Bauwerke befinden sich in der Stadt Turin oder in der umgebenden Region Piemont im Norden Italiens. 

Ein monumentales Treppenhaus führt ins erste Obergeschoss (piano nobile), in die Privaträume. Zum Inventar der öffentlich zugänglichen Prunkräume gehören Möbel, Wandteppiche und eine Sammlung von fernöstlichen Porzellanen. Besonders erwähnenswert ist zudem die Armeria Reale. Hierbei handelt es sich um die äußerst umfangreiche königliche Waffensammlung. Eigentlich interessiert uns so etwas nie, aber hier sieht man wirklich erstaunlich schön geschmückte und aufwendig verarbeitete Rüstungen und Waffen. Dem Palast benachbart und mit einem direkten Zugang verbunden ist die Grabtuchkapelle des Turiner Doms. Im Untergeschoss gibt es eine archäologische Sammlung. Man hat die Gelegenheit einen Blick auf die Überreste des Teatro Romano zu werfen. Von der Gemäldegalerie in der Galleria Sabauda sind wir weniger angetan. Zwar gibt es auch einige Werke von Rubens oder Tiepolo zu sehen, sicherlich aber nicht deren größten Meisterwerke und nur wenige der vielen anderen Künstler sind uns bekannt, trotzdem könnten es tolle Bilder sein, diese sind aber eher langweilig. Insbesondere die prunkvollen Privaträume lohnen aber eine Besichtigung des Palazzo Reale. Der Audioguide für diese Besichtigung ist allerdings nicht unbedingt zu empfehlen, er holt den unbedarften Besucher nicht wirklich gut ab. Es werden zu viele Fakten einfach aneinandergereiht. 

Nun bedarf es erst mal einer erneuten Stärkung. La Bottega di Guido Gobino zählt zu den besten Chocolatiers von Turin. Hier genießen wir eine vorzügliche heiße Schokolade und ein leckeres Törtchen. Nach einer Siesta machen wir uns erneut auf den Weg. 

Abends wollen wir Pizza essen und gehen ins „Diecicento“. Hier speisen wir zu sehr moderaten Preisen vorzügliche italienische Hausmannskost. Dazu trinken wir aus der fabelhaften Weinkarte einen vorzüglichen Barolo (Le Piane 2017) und sind rundum zufrieden.

 

Mittwoch, 07.10.2020 Castello di Rivoli - Jagdschloss von Stupinigi - Turin

Heute erkunden wir das nähere Umland von Turin. Etwas mühsam müssen wir uns zunächst durch den hektischen Verkehr quälen. 

Unser erstes Ziel, das Castello di Rivoli, befindet sich etwa 15 km westlich vor den Toren Turins auf einem Hügel. Das Schloss wurde niemals fertiggestellt und das Gebäude weist eine wechselvolle Geschichte auf. 1984 wurde es als Museum für zeitgenössische Kunst umfunktioniert und aufwändig restauriert. Bei seiner Einweihung galt das Museum als das erste und wichtigste seiner Art in Italien. Am Castello angekommen müssen wir leider feststellen, dass die Angaben im Reiseführer nicht den aktuellen Corona bedingten Öffnungszeiten entsprechen. Montags bis mittwochs bleibt dieses bis auf weiteres geschlossen. Auf dem Außengelände befinden sich lediglich ein paar Skulpturen und dem Gebäude lässt sich ansehen wie die alten Gemäuer beim Umbau integriert wurden. Lediglich einen schönen Blick von der Terrasse können wir genießen. 

Rivoli - Blick

Wenige Kilometer entfernt liegt das Jagdschloss von Stupinigi (La Palazzina di Caccia di Stupinigi).

Über eine schnurgerade Allee fahren wir auf das Schloss zu. Das letzte Stück der eindrucksvollen Straße wird beidseitig von schlichten Backsteinhäusern flankiert, das Schloss selbst ist von einem Halbkreis aus Stallungen und Wirtschaftsgebäuden umgeben. 

Jagdschloss von Stupinigi
Jagdschloss von Stupinigi

Juvarra baute 1729 eine wunderbar harmonische Schlossanlage mit Nebengebäuden und Park. Als weithin sichtbares Zeichen seiner Bestimmung wird die Kuppel des prächtigen Barockschlosses von einem bronzenen Hirsch gekrönt. Man betritt das ehemalige Jagd- und Lustschloss durch den linken Seitenflügel. Der Rundgang führt durch zahlreiche im Stil des Rokoko mit Stuckaturen, Fresken und Spiegeln reich dekorierte Räume und Säle. Viele Jagdszenen zieren die Wände. So gibt es beispielsweise chinesische Räume mit original erhaltenen Tapeten, kleine Kabinette, königliche Gemächer, einen Spielsaal und vieles mehr. Höhepunkt ist der reich dekorierte und farbenfroh freskierte Ballsaal mit einem gigantischen Kristallkronleuchter und riesigen Fenstern die den Blick in den Park öffnen. Die tolle Anlage können wir ganz alleine genießen, denn aktuell sind keine weiteren Touristen da. 

Bekanntheit hat Turin auch wegen seiner Automobilgeschichte. Bereits 1899 wurde Fiat (Fabrica Italiana Automobili Torino) in Turin gegründet.

MAUTO
MAUTO

Am Po-Ufer, befindet sich eines der größten Automobilmuseen Europas. Im Museo Nazionale dell’Automobile di Torino („MAUTO“) wird der Besucher auf drei Etagen durch 100 Jahren Automobilgeschichte geführt. Über 200 Fahrzeuge von über 80 Autoherstellern werden originell präsentiert. Eine sehr gelungene Ausstellung, deren Besuch wir empfehlen können.

Im Industriegebiet Mirafiori, nicht weit entfernt vom Museum MAUTO, steht der Lingotto (Barren), das 1917 bis 1923 erbaute erste Fiat-Werk. Nach Vorbild der Ford-Werke in Detroit wurde eine über fünf Stockwerke vertikal angeordnete, effiziente Fabrikationsanlage errichtet - eine der seinerzeit erfolgreichsten Fabrikationsstätten der Automobilindustrie. Der Gebäudekomplex besteht aus zwei parallel angeordneten, ehemals 500m langen Hauptgebäuden, die miteinander verbunden sind. Hier liefen dank der bis zu 30.000 beschäftigten Arbeiter unzählige Fiats vom Band. 1935 wurde auf dem Dach "La Pista" fertiggestellt, eine Teststrecke von gut einem Kilometer Länge. Nach der Abwanderung der Produktion zu den Fertigungswerken von Mirafiori wurde die Fabrik 1983 endgültig geschlossen. Nachdem der Gebäudekomplex lange leer stand, erhielt der italienische Stararchitekt Renzo Piano vom Fiat-Patron Gianni Agnelli den Auftrag, die alte Fabrik in ein hochmodernes Messe- und Einkaufszentrum umzubauen. Schon von weitem sichtbar ist La Bolla (blaue „Blase“), mit der Renzo Piano dem Gebäude eine Art Krone aufgesetzt hat. Zunächst laufen wir ein wenig durch das Einkaufszentrum 8 Gallery und lassen den langgezogenen Gebäudekomplex auf uns wirken. Anschließend suchen wir den Eingang des NH Hotels, denn nur durch das Hotel ist "La Pista" zu erreichen. Leider bleibt uns ein näherer Blick auf die Teststrecke verwehrt, da hier aktuell Instandsetzungsarbeiten stattfinden.

Basilica di Superga
Basilica di Superga

Hoch über der Stadt thront die Basilica di Superga, die wir zum Abschluss unserer Tour ansteuern. Zunächst müssen wir viele enge Serpentinen fahren, bevor wir die Basilika, die sich auf 669 m Höhe über der Stadt erhebt, erreichen. Die ockergelbe Barockkirche mit ihrer eindrucksvollen Kuppel von 75 Metern Höhe ist aktuell geschlossen. Dafür können wir eine herrliche Aussicht auf Turin und die dahinter aufragenden Alpen genießen.

Die Basilika wurde am 4. Mai 1949 zum Schauplatz eines tragischen Unglücks. An diesem Tag befand sich die Mannschaft des Fußballclubs AC Torino auf der Rückreise von einem Freundschaftsspiel in Lissabon schon im Landeanflug auf Turin, als ihr Flugzeug in dichten Nebel geriet und unmittelbar unterhalb der Basilika zerschellte. Alle 31 Insassen kamen ums Leben, unter den Opfern befand sich die gesamte Mannschaft inklusive Reservespielern - von einem Moment auf den anderen war die „Grande Torino“ ausgelöscht. Auf der Rückseite der Basilica di Superga erinnert heute ein Denkmal an die große Mannschaft des AC Torino von 1949.

Nach einer kurzen Siesta machen wir uns erneut auf. In L‘Enoteca genießen wir kleine Gerichte und vorzügliche offene Piemont-Weine.

Donnerstag, 08.10.2020 Abbazia di Staffarda - Saluzzo -  Castiglione Falletto 

Heute verlassen wir Turin. Nachdem wir uns endlich durch den städtischen Verkehr gequält haben, können wir erneut den tollen Blick auf das Alpenpanorama genießen. Die nächsten drei Nächte wollen wir in der Weinregion verbringen. 

Abbazia di Staffarda
Abbazia di Staffarda

Auf dem Weg legen wir einen ersten Stopp an der Abbazia di Staffarda ein. Vor dem grandiosen Alpenpanorama erhebt sich seit über 850 Jahren über dem flachen Land die Abteikirche Santa Maria und die sie umgebenden Klostergebäude. Die Abtei gilt als eines der bedeutendsten mittelalterlichen Klöster des Piemonts. Bei der Besichtigung betreten wir zuerst den Kreuzgang, von dem diverse „Räume“ abgeben. Insgesamt strahlt die Abtei allerdings einen eher morbiden Charme aus. Schön ist die außergewöhnliche Abteikirche S. Maria mit einem schmuckvollen Kreuzgewölbe und vielen aufwändig freskierten Wänden. Die eher einfache Ausstattung aus weißem Kalk und rotem Backstein hat ihren Reiz. Das goldene, sehr  schmuckvolle Altarbild wirkt beinahe deplatziert. Die übrigen Klostergebäude werden auch heute noch landwirtschaftlich genutzt.

Nicht weit entfernt liegt Saluzzo. Die kleine mittelalterlich geprägte Stadt (ca. 17.000 Einwohner) in herrlicher Lage am Alpenrand zählt zu den schönsten und im ganzen Piemont.

Saluzzo
Saluzzo

Schon bei der Anfahrt hat man einen tollen Blick auf die pittoreske Stadt, die sich in Oberstadt (Altstadt) und die neuere Unterstadt teilt. Wir parken außerhalb der mehr oder weniger autofreien Altstadt. Vorbei an zahlreichen alten Palazzi steigen wir durch enge Gassen und steile Treppen zur Oberstadt hinauf. Wahrzeichen der Stadt ist die alles überragende Torre Civica. Auf den herrlichen Ausblick müssen wir (Corona) leider verzichten. 

Begeistert sind wir von der Kirche San Giovanni. Oberhalb einer robusten Steintreppe kann man sehr schön den reich verzierten Innenraum überblicken. Viele Fresken schmücken die Wände. Auch der benachbarte Kreuzgang ist einen näheren Blick wert. Das Castello hat mittags leider geschlossen, dafür können wir den schönen Ausblick genießen. In einer kleinen Osteria speisen wir mittags vorzüglich italienische Hausmannskost. 

Leider bleibt uns auch ein Blick in die pompös wirkende Kathedrale am Rand der Neustadt verwehrt. 

Nur wenige Touristen scheinen sich nach Saluzzo zu verirren, die aber einen Besuch wert ist.

Gut gestärkt setzen wir unsere Fahrt fort. Langsam ändert sich das Landschaftsbild. Die schneebedeckten Alpenspitzen verschwinden mehr und mehr im Dunst des Horizonts. Stattdessen erfreuen wir uns an den grünen Hügeln des Weinanbaugebiets. Hier macht das Piemont (Al piede de monte - am Fuße des Berges) seinem Namen alle Ehre. Besonders schön ragt die „Pyramide“ des Monviso (3.841m) aus der Silhouette heraus. Rund 13 Kilometer südwestlich von Alba liegt, eingebettet in die Hügellandschaft der Langhe, der Ort Barolo, der dem berühmten Wein seinen Namen gab. 

Weinanbaugebiet Barolo

UNESCO WelterbeDie piemontesischen Weinberglandschaften der Langhe, Roero und Monferrato wurden 2014 ins Welterbeverzeichnis der UNESCO aufgenommen. Das unter den UNESCO-Schutz gestellte Gebiet umfasst über 10.000 Hektar und betrifft 29 Gemeinden zu denen auch das Castello von Grinzane Cavour, die Hügel um Barbaresco, Nizza Monferrato, Canelli sowie die Asti-Weinberge.

Kurz vor unserem Ziel fahren wir durch La Morra und können einen wunderschönen Ausblick in die vom Weinanbau geprägte Landschaft erhaschen.

Für die nächsten drei Nächte haben wir ein Appartement in Castiglione Falletto, einem kleinen Ort zwischen Barolo und Alba, gemietet. Mit unserer Wahl sind wir zufrieden. Die Villa Gremi liegt etwas erhöht an der SP3. Nachmittags genießen wir die letzten Sonnenstrahlen auf der Terrasse und blicken in die grünen Weinhügel, oberhalb thront majestätisch La Morra. Lediglich den Verkehrslärm der stark befahrenen Bundesstraße müssen wir (mit Kopfhörern) ausblenden.

Leider finden wir abends nur einen Supermarkt, um für das Abendessen Brot, Käse und Wein einzukaufen. Manchmal ist es besser, auf Wein zu verzichten, wie wir beim späteren Verzehr feststellen.

Freitag, 09.09.2020 Barolo - Monforte d'Alba

Auf einer Wanderung durch die Weinberge erkunden wir heute die Region. Von Barolo folgen wir dem ausgeschilderten Weg durch die Weinberge und Kastanien-Wäldchen nach Monforte d'Alba. Fantastische Ausblicke auf die hügelige Weinlandschaft und die umliegenden Ortschaften können wir auf der Strecke genießen. Das Alpenpanorama lässt sich im Hintergrund heute nur erahnen.


Monforte d'Alba 

Ausgesprochen exponiert liegt das kleine Städtchen Monforte d'Alba (etwa 2.000 Einwohner). Der romanische Glockenturm überragt die steilen, engen Gassen. Bevor wir den steilen Aufstieg wagen, schauen wir uns die für den kleinen Ort beinahe überdimensioniert wirkende neogotische Backsteinkirche an. Nicht nur die Fassade und der schöne Kirchturm sind ein Blickfang. Der Innenraum ist bunt freskiert und schöne Reliefs schmücken die Wände. Der Ausblick vom Kirchplatz der Kirche von Sant'Agostino in entlohnt für den anstrengenden Aufstieg.

Im Barolo ist gerade Weinlese. So können wir auf dem weiteren Weg einigen Winzern bei der Lese von Hand beobachten.

Barolo

Mit wunderschönen Blicken auf das Schloss von Barolo nähern wir uns wieder dem kleinen Städtchen. Vor 20 Jahren hatten wir hier im einzigen Hotel genächtigt. Seitdem haben sich der Ort (und auch das Hotel) herausgeputzt. Im Schloss gibt es ein empfehlenswertes Weinmuseum, das wir seinerzeit ebenfalls besichtigt hatten. (>> Link zum Reisebericht)

Nach einem kurzen Zwischenstopp in der Unterkunft fahren wir nach Cherasco. Über viele Serpentinen folgen wir der Straße, bis wir die Stadt (etwa 9.000 Einwohner) erreichen.

Cherasco
Cherasco

Schachbrettartig sind die Straßen angeordnet. Von den Antiquitätenmärkten, die hier normalerweise stattfinden ist aktuell nichts zu sehen. Sehr schön ist der zentrale Piazza mit Rathaus und romanischem Turm. Bemerkenswert ist der Mondkalender in der Turmmitte. Etwas überdimensioniert für den kleinen Ort wirken die beiden Triumphbögen, die die Via Vittorio Emanuele II zu beiden Seiten begrenzen. Auffällig ist die barocke Kirche Santuario della Madonna del Popolo. Innen gibt es u. a. 200 Engel zu bestaunen.

Cherasco Santuario della Popolo

Viele können wir erkennen, nehmen aber davon Abstand, genau nachzuzählen. Nach dem wir mit Blick auf den schönen Turm noch einen Aperitif genossen haben, fahren wir nach Alba.

Trüffel und Rotwein sind wohl das Erste, was man mit Alba (etwa 31.500 Einwohner) assoziiert. Aber auch die  bekannte Schokoladenfabrik Ferrero, sicherlich insbesondere aufgrund der Haselnusscreme Nutella, hat seit 1946 seinen Hauptsitz in Alba.

Bevor man die Altstadt erreicht, fährt man allerdings erst durch wenig ansehnliche Industrie- und Wohngebiete.

Trotz Corona findet aktuell die Trüffelmesse Fiera Internazionale del Tartufo Bianco d’Alba statt, aber ganz offensichtlich auch hier mit dem entsprechenden Hygienekonzept.

Alba
Piazza Risorgimento

Über der Altstadt erheben sich schlanke Kirch- und Geschlechtertürme, Wahrzeichen vergangener Macht. 

Wir schlendern über die wichtigste Einkaufsstraße Via Vittorio Emanuele II. Hier stößt man auf die beiden Barockkirchen Ss. Cosma e Damiano und Santa Maria Maddalena mit Backsteinfassaden und üppiger Marmorausstattung.

Cattedrale San Lorenzo - Alba
Cattedrale San Lorenzo 

Enge, verwinkelte Gassen ziehen sich durch die alte Stadt und münden irgendwann auf den zentralen Piazza Risorgimento, dem einstigen römischen Forum. Schräg gegenüber dem Palazzo Comunale aus dem 13. Jh. thront das wohl dominanteste Bauwerk Albas, die Cattedrale San Lorenzo mit seiner auffälligen roten Fassade. Für weitere Besichtigungen ist es bereits zu spät und um 18:30 h fast noch zu früh für einen Restaurant-Besuch, die üblicherweise erst ab 19:30 h öffnen. Die Osteria del‘Arco stellt erfreulicherweise eine Ausnahme dar. Hier öffnet man bereits um 19:00 h und wir ergattern im ansonsten ausgebuchten Restaurant den letzten freien Tisch. Unsere Weinauswahl (hier gibt es auch „halbe“ Flaschen), ein Barbaresco, ist ganz nach unserem Geschmack.

Samstag, 10.10.2020 Carvanzana - Canelli 

Dichter Nebel hängt heute im Tal. Wir entscheiden uns dennoch für eine Wanderung. Etwa 20 km entfernt liegt das kleine Dorf Carvanzana. Hier startet die etwa 12,5 km lange Wanderung „Anello della Nocciola“ durch das Haselnuss-Anbaugebiet. Die Haselnussbäume sind bereits abgeerntet. Die Wanderung führt vorbei an Haselnuss- und Esskastanienhainen und bietet wunderschöne Ausblicke in die Landschaft. Eine sehr schöne und unbedingt zu empfehlende Wanderung.

Canelli

Anschließend fahren wir nach Canelli. Die beabsichtigte Besichtigung einer der vier bekannten Kellereien Contratto,  Coppo, Ganzia oder Bosca ist spontan  leider nicht möglich, da die Touren  am Wochenende entweder ausgebucht sind, oder diese gar nicht geöffnet haben. So bleiben uns die in die Hügel gegrabenen „unterirdischen Kathedralen“ verschlossen.

Durch die wunderbare Weinlandschaft fahren wir nach Neive. Leider kommen wir nicht dazu, unsere 20 Jahre zurück liegenden Erinnerungen aufzufrischen. Der Ort ist am heutigen Samstag absolut überlaufen, so dass wir gleich weiterfahren. 

Barbaresco
Barbaresco

Sehr schön liegt der kleine Ort Barbaresco auf einer Hügelkuppe, dominiert vom Sarazenenturm. Doch auch hier sind alle Parkplätze überfüllt. Nein, auf Massentourismus haben wir gerade so gar keine Lust. So fahren wir lieber zurück zum Quartier und genießen auf der Terrasse die Sonne mit Blick in die Weinberge sowie eine heimischen Weißwein, den wir in Barbaresco erworben hatten.

Abends fahren wir noch einmal nach Barolo. Ähnlich wie am Vorabend haben wir Glück und bekommen ohne Reservierung noch einen Tisch in der kleinen Osteria "La Cantinella" und genießen zu guter piemontesischer Hausmannskost einen vorzüglichen Barbara d‘Alba. Barbera ist eine etwas fruchtigerer und dichterer Wein als der Nebbiolo und schmeckt uns vorzüglich.

Sonntag, 11.10.2020 Asti

Heute treten wir unsere Rückreise an. Auch am heutigen Morgen hängt der Nebel tief im Tal. Ab und zu lugt majestätisch ein Castello oder ein kleiner Ort auf einer Berggruppe aus dem Nebel heraus.

Ein letzter kurzer Besichtigungsstopp gilt Asti (gut 70.000 Einwohner), u.a, bekannt durch den berühmten Schaumwein Asti Spumante. Wir parken auf dem zentral gelegenen Piazza Campo del Palio. Wie der Name schon sagt, wurde dieser in den 1980er Jahren für die in Asti alljährlich am ersten Sonntag im September stattfindenden Pferderennen errichtet. Tatsächlich stellte sich der Platz als hierfür zu groß heraus und man kehrte zur seit dem 13. Jahrhundert bewehrten Rennstrecke durch  die Altstadtgassen zurück.

Asti

Obwohl in den umliegenden Gassen der Fußgängerzone ein Sonntagsmarkt stattfindet, hält sich das Menschenaufkommen in Grenzen. auch in den umliegenden mittelalterlichen Gassen scheinen sich am Morgen nur einige Kirchgänger und Hundebesitzer zu verirren. Neben vielen kleinen nur selten besonders herausgeputzten Palazzi sehen wir auf unserem Rundgang einige Kirchen, allerdings aufgrund der sonntäglich stattfindenden Gottesdienste nur wenige von Innen.

Der 16-eckige Torre Rossa ragt aus dem Stadtbild heraus und erinnert an die mittelalterliche Stadtbefestigung. Der berühmteste Turm der Stadt ist allerdings der 44 m hohe Torre Troyana. Er stammt aus dem 13. Jahrhundert und war seinerzeit sozusagen das Maß aller Dinge: kein Geschlechterturm durfte ihn überragen. 

Asti - Torre Rossa   Asti - Kathedrale
Torre Rossa                                     Kathedrale Ss. Maria Assunta

Etwas abseits im nördlichen Teil der Altstadt steht die gotische Kathedrale Ss. Maria Assunta. Bemerkenswert ist das prachtvolle Portal. Leider bleibt uns auch hier der Blick hinein wegen des stattfindenden Gottesdienstes verwehrt.

Sicherlich haben wir bei unserer kurzen Stippvisite nur einen oberflächlichen Eindruck der Stadt erhalten. Dennoch gehört die Stadt nicht unbedingt zu den Highlights des Piemonts, die man gesehen haben muss.

Nach einem letzten Cappuccino treten wir nun unsere Heimfahrt an.

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Die Spur des Barolo - Weinkrimi von Paul Grote  

Ergänzend ein Tipp für (Wein-)Krimifreunde:

Paul Grote hat einen sehr unterhaltsamen Piemont-Krimi geschrieben. In „Die Spur des Barolo“ erfährt man viel über die Weine des Piemonts.

Wir haben den Krimi mit Freude gelesen und können ihn wärmstens empfehlen.